Patrick Spät hat in seinem Gastbeitrag “Sinn der Arbeit. Ich arbeite, also bin ich” in der ZEIT einige Dinge sehr prägnant, wenn auch manchmal provokativ beim Namen genannt. Bewusst nutzt er wiederholt “Faulheit” und nicht ein abgeschwächtes “Müßiggang” um seinen Standpunkt zur allgemeinen Verwertungslogik zu verdeutlichen. Fleißig wird (nicht nur) von der neoliberalen Seite die “Alternativlosigkeit” (mittlerweile eines meiner Lieblingswörter) propagiert.
Ist also das Arbeitsamt der neue Nomos der Konsumgesellschaft? Ich kann nicht umhin hier Agamben und Foucault und Adorno, Biopolitik und Machstrukturen mit zu lesen. Tief verankert ist heute die Logik von Nützlichkeit und gesellschaftlichem Wert, obwohl Reichen- und Erbschaftssteuer eine echte Solidarität geradezu grotesk persiflieren. Dem Arbeitssuchenden wird das schlechte Gewissen hingegen fröhlich vorgeführt und zur existenziellen Motivation stilisiert.
Interessanterweise wird diese Logik besonders durch das so genannte Proletariat gestützt. Es gibt doch überall Arbeit, heißt es da. Du bist dir nur zu fein, um richtig zu arbeiten und dir die Hände schmutzig zu machen. In meinem Bekanntenkreis hieß es unlängst: “Was mein Chef verdient, ist mir egal. Meinetwegen soll der sich die Taschen voll machen. Aber ich möchte auch meine 200 Euro Gehaltserhöhung.” Gefolgt von einer Abwertenden Geste in Richtung der faulen Arbeitslosen. Hier kommt alles zusammen. Eine merkwürdige Mischung aus blinder, kapitalistischer Hingabe (Die Reichen dürfen so viel verdienen, weil sie das System erhalten) und stolzer, mittelständischer Verachtung (Die Armen können arbeiten, sie müssen es nur wollen).
Oder mit den Worten von Patrick Spät:
Ständig hören wir das Gefasel von “Wachstum”, “Wettbewerb” und “Standortsicherheit”, um uns einzureden, dass wir “Gürtel enger schnallen” müssten, weil nur so “sichere Arbeitsplätze” möglich seien – alles andere sei “alternativlos”. Eine Lohnerhöhung sei nicht drin, weil sonst die Firma pleitegehe. Wir dürften die Reichen nicht zu stark besteuern, weil sonst die Leistungsträger ins Ausland gingen. All diese Dinge werden Konsens – sogar bei den Lohnsklaven selbst.
Schließen tut Spät seinen Artikel mit einem wunderbaren Zitat John Lennons. Dieser soll in einer Schulaufgabe zum Thema “Was willst du später werden?” geschrieben haben: “glücklich”. Auf die Zurechtweisung der Lehrerin, er habe die Aufgabe falsch verstanden, sagte der kleine John, dass sie das Leben nicht richtig verstanden habe.
Der Vorwurf des Pathetischen ist schnell bei der Hand. Und auch Adornos gern zitierter und unbedingt empfohlener Aphorismus Sur l’eau (aus Minima Moralia) beschwört ein utopisch anmutendes “auf dem Wasser liegen und in den Himmel schauen” als Gegenentwurf zum Arbeitsfetisch. Doch das Umdenken muss auch in der Sprache beginnen und daher eine Umwertung von Topoi wie Faulheit, Arbeit, Glück und Erfolg mit scheinbar utopischen Forderungen und Parolen folgerichtig. Im Zuge der nahenden Grenze von Produktionssteigerungen ist Änderung unausweichlich. Wohin die Reise gehen wird, bleibt abzuwarten. Am besten auf einer grünen Wiese, in den Himmel schauend.
Zum Thema “Nichtstun” schrieb ich übrigens vor einigen Jahren hier etwas ausführlicher.